Löst die e-ID die Probleme von Jugendschutz und Privatsphäre?


Heute gehen wir der Frage nach, ob eine e-ID unsere gesellschaftlichen Probleme im Internet lösen kann. Und wie wir zu einer besseren Lösung kommen.

Dieser Artikel ist eine Kurzfassung des dritten Teils meiner «e-ID explained»-Serie bei DNIP. Dieser Text soll einfach als kompakter Einstieg in die Materie dienen. Für Hintergründe und besseres Verständnis ist allerdings die Langversion bei DNIP zu empfehlen.

Das Internet ist nicht für Kinder

Zumindest zu Beginn des Internet, als Architektur und Technik dafür geschaffen wurden, Kinder kein Thema. Aber es war noch vieles kein Thema damals, so auch wurden Sicherheit klein geschrieben und man hoffte, dass schon niemand irgendwas «Böses» tun wurde. Entsprechend war man auch überrascht und empört, als 1994 die erste Spam-Welle durchs Internet schwappte, in der eine Anwaltskanzlei ihre Dienste anpries.

Aber auch die reale Welt ist nicht für Kinder gebaut: Dort gab es schon vor der Existenz von Kindern Bäume, von denen man herunterfallen kann; Teiche, in denen man ertrinken kann; Abhänge, die man herunterstürzen kann; wilde Säbelzahntiger, die uns gerne als Abendessen nach Hause bringen; Blitze, die uns treffen wollen; und, und, und.

Wieso Altersverifikation?

Altersverifikation stammt zwar aus dem Bereich des Jugendschutzes, wird aber auch für Zensur und ähnliche Massnahmen eingesetzt, um Erwachsenen von angeblich unpassenden Inhalten fernzuhalten.

Dies ist jedoch oft mit Nebenwirkungen wie noch weitergehenderem Verlust der Anonymität im Internet verbunden.

Altersverifikation ist kein Problem des Internets, auch am Kiosk haben wir das bei Alkohol oder Erotikheften. Dort findet die Alterskontrolle aber meist subtiler statt, insbesondere, wenn man schon etwas älter ist. Die Information zur Altersverifikation wird ebenfalls privatsphärefreundlicher gehandhabt, da der Verkäufer im Kiosk sich wohl schon wenige Minuten später nicht mehr an den Käufer bzw. die Käuferin erinnert.

Hilft Technik?

Wir Menschen sind versucht, schwierige oder unliebsame Probleme auszulagern. An andere Menschen oder eben an Technik. Doch gesellschaftliche Probleme lassen sich nur innerhalb der Gesellschaft lösen, unter Einbezug aller Betroffenen.

Wenn nun Internetsperren ohne existierende Infrastruktur und funktionierende Abläufe eingeführt werden, wie gerade eben in Grossbritannien, dann führt das zu Chaos und weiteren Gefahren rund um Datenschutz oder sogar Identitätsdiebstahl und Cyberkriminalität.

Eine bessere Lösung ist die e-ID mit ihren datenschutzfreundlichen Altersverifikationsfunktionen.

Grundsätzlich sollte aber bei allen Internetsperren immer darauf geachtet werden, dass sie nicht zu massenhaften Umgehungen dieser Sperren Anreiz bieten und damit – Analog zur Prohibition in den USA – zur Erstarkung der organisierten Kriminalität führen.

Ende der Online-Anonymität?

Wir erleben eine schleichende Erosion von Privatsphäre, nicht nur online. Firmen verdienen daran, uns genau zu kennen und uns unnötige oder teurere Produkte zu verkaufen, als wir eigentlich bräuchten. Oder die Daten einfach an den Meistbietenden zu verscherbeln, ohne zu wissen, was die genau damit machen; auch wenn es für die Betroffenen dann möglicherweise um Leib und Leben geht.

Privatsphäre und Anonymität sind wichtige Komponenten für eine Gesellschaft, ganz besonders eine Demokratie. Denn sie sind essenzielle Bausteine für Meinungsfreiheit, Schutz vor Diskriminierung, einseitige Ausnutzung von Machtpositionen, Reduktion von Cyberkriminalität, aber auch grundlegende Eigenschaften für Diskretion und psychische Gesundheit.

Besondere Bedeutung kommt Anonymität bei der Ausübung von Grundrechten in der Demokratie zu, beispielsweise bei der friedlichen Äusserung seiner Meinung an einer Demonstration oder an der Urne.

Aus diesen Gründen ist es wichtig, dass wir online und offline – also in der realen Welt – ein grosses Mass an Privatsphäre und Anonymität besitzen. Auch der Gesetzgeber hat das erkannt und Stimmgeheimnisse, Berufsgeheimnisse und Datenschutzgesetze geschaffen, um nur einige zu nennen. Auch wenn Staatsanwälte das manchmal lieber anders sehen.

Ist Technik die Lösung?

Jeder Mensch ist individuell, damit ist jede fixe (Alters-)Grenze immer irgendwie falsch.

Aber wir als Spezies haben aus Generationen von Erlebnissen mit Säbelzahntigern gelernt: Wir führen unsere Nachkommen langsam und gut begleitet in die gefährliche Welt «da draussen» ein.

Das sollten wir auch mit der digitalen Welt tun. Alles andere wäre unverantwortlich. Anzunehmen, dass Technik alleine unsere gesellschaftlichen und Erziehungs-Probleme lösen könnte, ist illusorisch.

Jugendschutz daheim

Jugendschutz muss also vom Elternhaus ausgehen. Auch hier müssen langsame, gut begleitete Schritte in die digitale Welt «da draussen» gegangen werden. Immer mit der Möglichkeit, dass Kinder – im unvermeidlichen Fehlerfall, denn sie sind menschlich – etwas erleben, wofür sie noch nicht ganz bereit sind.

Genau für diese Fälle sollte es – wie auch in der realen Welt – die Möglichkeit geben, über das Ereignis zu reden, Trost zu finden und Lehren daraus zu ziehen.

Dazu brauchen wir Medienkompetenz, sowohl für die Eltern als auch den Nachwuchs. Und Begleitung.

Wenn technische Filter, dann sollten sie auf dem Handy des Nachwuchses installiert sein und Transparenz bieten.

Fazit

Wir können das Heranwachsen unserer Kinder nicht an irgendwelche Technik delegieren, auch wenn die Kinder zwischendurch nerven. Denn zum Heranwachsen eines Menschen braucht es ganz viel Menschlichkeit.

Falls es trotzdem einer technischen Lösung bedarf, sollte sie bevorzugt auf dem Gerät des Kindes installiert werden.

Wenn aber trotzdem internationale Bestrebungen zur Altersverifikation nicht zu verhindern sind, dann sollten sie wenigstens datenschutzfreundlich umgesetzt werden, wie die Lösung mit der e-ID.

Auch unabhängig von der Altersverifikation ist die e-ID sinnvoll, sei es für digitale Behördengänge oder zur Vermeidung von Identitätsdiebstahl und Cyberkriminalität.

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Marcel Waldvogel
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