In den 1½ Wochen seit Publikation der ersten beiden Teile hat sich einiges getan. Microsoft liess es sich nicht nehmen, die Schuld am Vorfall der EU in die Schuhe zu schieben, wie das Apple mit ihrer KI ja auch schon frech versuchte. Andererseits haben die Diskussionen zum Vorfall viele Hinweise darauf gegeben, wie IT-Verantwortliche ihre Systeme zukünftig sicherer und ausfallsicherer zu gestalten. Hier erklären wir die Massnahmen, die sie treffen sollten und die Fragen, die sie stellen sollten.
Dies geht uns alle an. Weil unsere IT-Systeme zu unverzichtbaren Schlagadern unseres Lebens geworden sind. Und ihr Ausfall unsere Wirtschaft, unser Privatleben und unsere Gesellschaft unwiederbringlich schädigt.
Dies ist eine Zusammenfassung von Teil 3 meiner DNIP-Serie zu CrowdStrike: «Sind EU und Ratingagenturen schuld?». Wer sich für das Thema interessiert, ist herzlich eingeladen, den „grossen“ Artikel zu konsultieren.
Die beiden vorangehenden Artikel zum CrowdStrike-Vorfall finden sich hier:
Teil 1: CrowdStrike oder: Wie eine Closed-Source-Firma fast die Welt lahmlegte
Teil 2: Wie können wir ein zweites «CrowdStrike» vermeiden?
[neu 2024-08-07] CrowdStrike hat ihre finale Analyse veröffentlicht. Fazit: Das Dateiformat wurde nicht genügend überprüft. Damit das nicht mehr auftritt, wird jetzt u.a. mehr getestet, auch bevor ein neues Erkennungsmuster ausgerollt wird. Dies sind wichtige Schritte in die richtige Richtung (siehe u.a. meine Bemerkungen zum Testen.)
Wie kam es zu diesem Problem mit dem Dateiformat? Seit Februar konnten Erkennungsmuster — mit denen die CrowdStrike-Software bösartige Aktivitäten auf dem Rechner zu erkennen versucht — neu ein zusätzliches, optionales 21. Datenfeld haben (davor waren es maximal 20). Am 19. Juli wurde das erste Mal eine Regel für ein Erkennungsmuster verteilt, welche auf Informationen in diesem 21. Datenfeld zugreifen wollte. In der Datei mit den Erkennungsmustern waren aber nur 20 Felder definiert. Der Zugriff auf das 21. Datenfeld führte deshalb „ins Leere“ und verursachte den bekannten Absturz.
Ist die EU schuld?
Nein, das ist bloss Microsoft-Marketing.
War Microsoft schuld?
Kaum wahrscheinlich.
Sind die Ratingagenturen schuld?
Sie bewerten leider keine Security. Und können das bisher nicht. Sie wiegen den Kunden aber in falscher Sicherheit.
Hat CrowdStrike falsche Prioritäten gesetzt?
Möglicherweise. Wie bei vielen Big-Tech-Firmen scheint Wachstum wichtiger als Qualität zu sein.
War der Linux-Kernel doch schuld?
Ja, der Fehler der Linux-CrowdStrike-Probleme der letzten Monate lag am Linux-Kernel. Das ändert aber nichts an den Schlussfolgerungen: Insbesondere besseres Testen. Denn dann wäre das aufgefallen.
Positive Entwicklungen
…sehen wir in den letzten Wochen bei mehr Transparenz in der Branche und dass sich offizielle Stellen den Problemen annehmen wollen (wenn auch bisher erst ausserhalb der Schweiz und erst zögerlich).
Lernen wir etwas daraus?
Ja, es gibt etliche Lehren für
- Softwareingenieure und Projektleiter,
- IT-Verantwortliche (inkl. beim Software-Einkauf) und
- die Politik.
Daneben gibt es natürlich wie immer sehr viel weiterführende Literatur.
Dies findet sich alles detailliert begründet in Teil 3 der DNIP-Serie zum CrowdStrike-Vorfall vom 19. Juli 2024:
Teil 1: CrowdStrike oder: Wie eine Closed-Source-Firma fast die Welt lahmlegte
Teil 2: Wie können wir ein zweites «CrowdStrike» vermeiden?
Teil 3: «CrowdStrike»: Sind EU und Ratingagenturen schuld? (Und: Updates)
Aktuelles zu IT-Sicherheit
- Was Prozessoren und die Frequenzwand mit der Cloud zu tun habenSeit bald 20 Jahren werden die CPU-Kerne für Computer nicht mehr schneller. Trotzdem werden neue Prozessoren verkauft. Und der Trend geht in die Cloud. Wie das zusammenhängt.
- Facebook: Moderation für Geschäftsinteressenmaximierung, nicht für das Soziale im NetzHatte mich nach wahrscheinlich mehr als einem Jahr mal wieder bei Facebook eingeloggt. Das erste, was mir entgegenkam: Offensichtlicher Spam, der mittels falscher Botschaften auf Klicks abzielte. Aber beim Versuch, einen wahrheitsgemässen Bericht über ein… Facebook: Moderation für Geschäftsinteressenmaximierung, nicht für das Soziale im Netz weiterlesen
- Was verraten KI-Chatbots?«Täderlät» die KI? Vor ein paar Wochen fragte mich jemand besorgt, ob man denn gar nichts in Chatbot-Fenster eingeben könne, was man nicht auch öffentlich teilen würde. Während der Erklärung fiel mir auf, dass ganz… Was verraten KI-Chatbots? weiterlesen
- Sicherheit versteckt sich gerneWieso sieht man einer Firma nicht von aussen an, wie gut ihre IT-Sicherheit ist? Einige Überlegungen aus Erfahrung.
- Chatkontrolle: Schöner als FiktionWir kennen «1984» nicht, weil es eine technische, objektive Abhandlung war. Wir erinnern uns, weil es eine packende, düstere, verstörende Erzählung ist.
- Chatkontrolle, die Schweiz und unsere FreiheitIn der EU wird seit vergangenem Mittwoch wieder über die sogenannte «Chatkontrolle» verhandelt. Worum geht es da? Und welche Auswirkungen hat das auf die Schweiz?
- Cloudspeicher sind nicht (immer) für die EwigkeitWieder streicht ein Cloudspeicher seine Segel. Was wir daraus lernen sollten.
- IT sind nicht nur KostenOft wird die ganze IT-Abteilung aus Sicht der Geschäftsführung nur als Kostenfaktor angesehen. Wer das so sieht, macht es sich zu einfach.
- CrowdStrike, die DritteIn den 1½ Wochen seit Publikation der ersten beiden Teile hat sich einiges getan. Microsoft liess es sich nicht nehmen, die Schuld am Vorfall der EU in die Schuhe zu schieben, wie das Apple mit… CrowdStrike, die Dritte weiterlesen
- Unnützes Wissen zu CrowdStrikeIch habe die letzten Wochen viele Informationen zu CrowdStrike zusammengetragen und bei DNIP veröffentlicht. Hier ein paar Punkte, die bei DNIP nicht gepasst hätten. Einiges davon ist sinnvolles Hintergrundwissen, einiges taugt eher als Anekdote für… Unnützes Wissen zu CrowdStrike weiterlesen
- Marcel pendelt zwischem Spam und ScamBeim Pendeln hatte ich viel Zeit. Auch um Mails aus dem Spamordner zu lesen. Hier ein paar Dinge, die man daraus lernen kann. Um sich und sein Umfeld zu schützen.
- Die NZZ liefert Daten an Microsoft — und Nein sagen ist nichtDie andauernden CookieBanner nerven. Aber noch viel mehr nervt es, wenn in der Liste von „800 sorgfältig ausgewählten Werbepartnern (oder so)“ einige Schalter fix auf „diese Werbe-/Datenmarketingplattform darf immer Cookies setzen, so sehr ihr euch… Die NZZ liefert Daten an Microsoft — und Nein sagen ist nicht weiterlesen
- «CrowdStrike»: Ausfälle verstehen und vermeidenAm Freitag standen in weiten Teilen der Welt Millionen von Windows-Rechnern still: Bancomaten, Lebensmittelgeschäfte, Flughäfen, Spitäler uvam. waren lahmgelegt. Die Schweiz blieb weitgehend nur verschont, weil sie noch schlief. Ich schaue hinter die Kulissen und… «CrowdStrike»: Ausfälle verstehen und vermeiden weiterlesen
- Auch du, mein Sohn FirefoxIch habe bisher immer Firefox empfohlen, weil seine Standardeinstellungen aus Sicht der Privatsphäre sehr gut waren, im Vergleich zu den anderen „grossen Browsern“. Das hat sich geändert. Leider. Was wir jetzt tun sollten.
- «Voting Village»-TranskriptLetzten August fand an der Hackerkonferenz DEFCON eine Veranstaltung der Election Integrity Foundation statt. Sie fasste mit einem hochkarätigen Podium wesentliche Kritikpunkte rund um eVoting zusammen.
- «QualityLand» sagt die Gegenwart voraus und erklärt sieIch habe vor Kurzem das Buch «QualityLand» von Marc-Uwe Kling von 2017 in meinem Büchergestell gefunden. Und war erstaunt, wie akkurat es die Gegenwart erklärt. Eine Leseempfehlung.
- 50 Jahre «unentdeckbare Sicherheitslücke»Vor 50 Jahren erfand Ken Thompson die «unentdeckbare Sicherheitslücke». Vor gut 40 Jahren präsentierte er sie als Vortrag unter dem Titel «Reflections on Trusting Trust» anlässlich der Verleihung des Turing-Awards, des «Nobelpreises der Informatik». Hier… 50 Jahre «unentdeckbare Sicherheitslücke» weiterlesen
- Stimmbeteiligung erhöhen ohne eVotingEines der Argumente für eVoting ist die Erhöhung der Stimmbeteiligung. Stimmbeteiligung—nur für sich alleine gesehen—ist keine ausreichende Metrik für die Beurteilung der Funktionsfähigkeit einer Demokratie, trotzdem spielt sie eine wichtige Rolle. Die «Vote électronique», wie… Stimmbeteiligung erhöhen ohne eVoting weiterlesen
- 🧑🏫 «eVoting: Rettung der Demokratie oder Todesstoss?»Die Demokratie ist unter Beschuss, neuerdings auch durch Fake News, Trollfabriken und KI. «Vote éléctronique», so heisst die elektronische Abstimmung im Bundesjargon, ist angetreten, um die Demokratie zu retten. Am Mittwochabend geht Marcel Waldvogel der… 🧑🏫 «eVoting: Rettung der Demokratie oder Todesstoss?» weiterlesen
- Mutmassungen über «Jia Tan»: Spuren eines HackersIch habe versucht, dem mutmasslich grössten Hack der Geschichte etwas auf den Grund zu gehen. Daraus ist eine spannende Spurensuche geworden, die ich gerne mit euch teilen möchte.
- Wie erkenne ich betrügerische Webseiten — am Beispiel einer aktuellen SpamwelleAktuell laufen wieder Spamwellen durchs Land. Eine bot einen angeblichen Schweizer Bitcoin-ETF an, mit zuverlässiger Firma und offizieller Zulassung dahinter. Doch schon nach wenigen Klicks war klar: Da stimmt ganz vieles nicht.
- Wie die Open-Source-Community an Ostern die (IT-)Welt retteteHuch, waren das spannende Ostern, aus IT-Sicht! Es wurde die potenziell schlimmste IT-Sicherheitskatastrophe durch puren Zufall noch rechtzeitig abgewendet. Ansonsten hätte ein Angreifer Millionen von Servern weltweit im Nu unter seine Kontrolle bringen können.
- Endet die Zeit im Jahr 2038?Heute in 14 Jahren endet die Zeit, so wie sie noch viele Computer kennen. Vor allem Computer, die in anderen Geräten eingebaut sind (vom Backofen bis zur Heizungssteuerung) dürften davon betroffen sein.
- Wie zählt ein Computer?Computer sind geprägt von Limiten: Maximale Textlängen, maximale Zahlengrössen. Nicht erstaunlich, wenn man ihre Vorfahren kennt, die Kästchenfelder und Milchbüchlein mit einer eigenen Spalte für jede Ziffer.
- Spamwelle zu Weihnachten?Wenige Tage bevor alle Systemadministratoren sich zu ihren Familien in die verdienten Weihnachtsferien zurückziehen, lässt SEC Consult die Bombe platzen: Die Antispam-Massnahmen der weitverbreitesten Mailserver können ausgehebelt werden. Sogar die Vortragsreise dazu ist schon geplant.… Spamwelle zu Weihnachten? weiterlesen
- «5 Minuten für mehr Datenschutz»: Tracking vermeiden«Überwachungskapitalismus» wird der Versuch vieler Webseiten auch genannt, uns dauernd zu überwachen und aus diesen persönlichen Daten Kapital zu schlagen. Trotz vieler Fortschritte helfen Gesetze da bisher nur Ansatzweise. «Eigenverantwortung» ist also wieder einmal angesagt…
- 2FA verschwindet in der CloudZwei-Faktor-Authentifizierung (2FA bzw. MFA) ist ein wichtiger Sicherheitsmechanismus, der effizient gegen den Missbrauch von erratenen, ergaunerten oder kopierten Passwörtern schützt. Durch Googles Synchronisation in die Cloud wird der Schutz aber massiv geschwächt.
- IT-Sicherheit ≠ BürostuhlDer Bund hat am 17. Juli 2023 einen Brief an seine Informatikdienstleister verschickt. Die Forderungen reichen von selbstverständlich bis fragwürdig. Wir haben sie aus IT-Sicherheitssicht analysiert und mit Hinweisen für alle IT-Verantwortlichen versehen, egal ob… IT-Sicherheit ≠ Bürostuhl weiterlesen
- 📹 Cloud: Technologie für Datenschutz?Moderne Technologie wie Homomorphe Verschlüsselung könne vielleicht künftig den Datenschutz in der Cloud garantieren, meinte kürzlich der oberste Datenschützer. Hier Hintergründe und Schlussfolgerungen.
- SBB-Kundentracking: Offene FragenSeit einer Woche wird heiss über die zukünftige biometrische Verfolgung der Bahnhofsbesucher diskutiert. Hier ein paar Bemerkungen und Fragen zum «KundenFrequenzMessSystem 2.0» aus technischer Sicht.
Schreibe einen Kommentar