Wir kennen «1984» nicht, weil es eine technische, objektive Abhandlung war. Wir erinnern uns, weil es eine packende, düstere, verstörende Erzählung ist.
Bei der Chatkontrolle geht es darum, dass u.a. die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, die wir gewohnt sind, wenn wir Chatnachrichten austauschen, zukünftig durch eine neue EU-Verordnung geschwächt werden soll. Dies wird ziemlich sicher auch die Schweiz betreffen.
Die gesamten Zusammenhänge sind sehr kompliziert, laufen aber darauf hinaus, dass Verschlüsselung nicht nur für „gute Zwecke“ aufgebrochen werden kann. Nicht ohne sie auch für Missbräuche aller Art zu öffnen.
Jeremiah Lee hat deshalb — statt die Fakten nochmals aufzuschreiben — fiktive Zeitungsschnipsel aus einer Zukunft erstellt, wie sie nach der Einführung der Chatkontrolle aussehen könnte.
Seine Geschichte, von mir auf deutsch übersetzt, bietet viele emotionale Momente voller Mitleid, Heldentum, aber auch Schadenfreude.
Wer sich gemütlich ins Thema einlesen will, dem seien Jeremia Lees «Depeschen aus der Zukunft: Rückblick auf das erste Jahr Chatkontrolle» wärmstens ans Herz gelegt.
Denn die Zeit eilt: Am 23. September will Ungarn Nägel mit Köpfen machen.
Weitere Lektüre
- Jeremiah Lee und Marcel Waldvogel: Depeschen aus der Zukunft: Rückblick auf das erste Jahr Chatkontrolle, DNIP, 2024-09-10.
Die fiktive Erzählung als leichter Einstieg ins Thema und die Problematik. Ideal auch zum Teilen mit Freunden und Familie. - Marcel Waldvogel: Chatkontrolle: Es geht weiter!, DNIP, 2024-09-09.
Zusammenfassung der Hintergründe und wieso auch die Schweiz betroffen ist.
Call to Action: Was tun?
Was kann ich tun, wenn ich mich gegen Chatkontrolle einsetzen möchte?
Für alle
Patrick Breyer hat eine Liste zusammengestellt:
- Rede darüber (aufgrund der Argumente in diesem Artikel oder der Liste von Patrick Breyer)
- Schaffe Aufmerksamkeit in den Sozialen Medien (u.a. mit dem Hashtag #Chatkontrolle)
- Stosse Medienberichte an
- Sprich mit deinen Diensteanbietern
Als Schweizer in der Schweiz
Kurzfristig wenig. In der Schweiz läuft Politik — insbesondere Digitalpolitik — vor allem über Organisationen, welche mit den entsprechenden Politiker:innen im Austausch stehen. Unterstütze eine digitalpolitisch aktive Organisation oder engagiere dich in ihr. Für beides ist eine Mitgliedschaft ein guter erster Schritt.
Aktiv und vernetzt ist z.B. die Digitale Gesellschaft, die auch regelmässig Veranstaltungen organisiert. Am Wochenende des 28./29. September 2024 findet beispielsweise in Basel das Datenschutzfestival statt, an dem Themen rund um Datenschutz, Fake News und KI diskutiert werden. (Disclaimer: Ich bin seit vielen Jahren Mitglied bei der DigiGes und werde an der Podiumsdiskussion am Datenschutzfestival auf der Bühne sein.)
Natürlich kann man auch DNIP.ch kostenlos abonnieren (unten auf jeder Seite) oder unterstützten. Zu unseren Leser:innen zählen diverse digitalaffine Politiker.
Manchmal gibt es auch Aufrufe aus der EU, die nicht an Wohnort oder Staatsbürgerschaft gekoppelt sind. Zur Zeit sind uns aber keine zum Thema Chatkontrolle bekannt.
In der EU (Staatsbürgerschaft oder Wohnort)
Patrick Breyer hat eine gute Zusammenstellung der möglichen Aktivitäten.
[neu 2024-09-16: Dieser Kasten entstand auf Anregung einer Leserin, die gerne aktiv werden möchte. Danke für den Input!]
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