Wieso sieht man einer Firma nicht von aussen an, wie gut ihre IT-Sicherheit ist? Einige Überlegungen aus Erfahrung.
IT-Sicherheit ist schwierig. Das ist so schwierig, wie eine verwinkelte mittelalterliche Stadt vor Gaunern zu schützen: Eine Schlupfloch reicht dem Angreifer; die Verteidiger müssen in tausenden Gässchen dafür sorgen, dass nichts passiert.
Es gibt keinen fixen Regelkatalog, der IT-Sicherheit löst. Denn IT-Sicherheit ist ein Prozess, eine Lebens- oder Firmeneinstellung. Mit strukturiertem Vorgehen kann man aber vieles erreichen:
- Bei der Softwareentwicklung darauf achten, dass die resultierende Software und die sie umgebenden Prozesse möglichst einfach sind und im Verlauf der Softwareentwicklung ganz viele automatisierte Tests gemacht werden.
- Genügend fähiges, erfahrenes Personal bei der Softwareentwicklung und dem Betrieb der Dienste einsetzen.
Datensicherheitszertifikate wie ISO 27001 oder Sicherheitsberichte wie SOC 2 Type 2 sind leider nur ein Indiz, keine Gewähr. Sie zeigen aber immerhin, dass sich jemand in der Firma mal intensiv über Vorkehrungen zu IT-Sicherheit Gedanken gemacht hat.
Aber Vorsicht: Manchmal beziehen sich diese Dokumente aber nur auf einen kleinen Bereich der Firmenaktivitäten. Und dem Dokument sieht man auch nicht an, ob dieses Dokument auch von allen Mitarbeitern und der Führungsriege(!) auch so gelebt wird.
Denn Zertifikate und Hochglanzbroschüren sind günstiger, als IT-Sicherheit wirklich konsequent umzusetzen.
Und bis zum ersten grossen Sicherheitsvorfall merkt auch ausserhalb der Firma niemand wirklich, dass bei IT-Sicherheit geschlampt wurde.
Angreifer halten sich nicht an Checklisten [neu 2024-10-19]
Danken möchte ich auch für den Hinweis auf den Artikel von John Lambert (von Microsoft Security Research), bei dem der Titel schon fast alles sagt:
Defenders think in lists. Attackers think in graphs. As long as this is true, attackers win.
(Deutsch etwa: «Verteidiger denken in Listen, Angreifer aber in Graphen. Solange sich das nicht ändert, gewinnen die Angreifer.»
Titel eines Artikels von John Lambert von 2015.
Wer sich nur stur an Checklisten hält, wird gegen jeden Angreifer verlieren, der seinen Grips nutzt und nicht nur stumpf seine Checkliste aus dem Internet abarbeitet. Leider ist die Essenz von ISO 27001 und «SOC-II» weiterhin Checklisten. Weil Grips halt eben nicht quantisierbar ist.
Label und Zertifikate schützen nicht vor Angriffen [neu 2024-10-25]
Heute wurde bekannt, dass die gemeinsame Login-Plattform vieler Schweizer Medien gehackt wurde. Sie besassen mit dem «Digital Trust Label» eine Zertifizierung für gute Sicherheit, Datenschutz, Zuverlässigkeit und Fairness.
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