Blockchain- (Digitalisierungs-) Missverständnisse ausgeräumt


Der Blockchain und den darauf aufbauenden Kryptowährungen, Smart Contracts und NFTs werden fast schon mystische Eigenschaften zugeschrieben. Ein TL;DR, das in aller Kürze einige Missverständnisse ausräumt.

Was ist eigentlich eine Blockchain?

Eine Blockchain ist eine Liste von Datenblöcken, bei der eine (möglicherweise offene) Gruppe von Berechtigten neue Datenblöcke vorschlagen kann, welche dann im Konsens hinzugefügt werden. Das Versprechen ist, dass die neuen Blöcke Regeln befolgen und für alle Berechtigten immer und ewig unabänderlich lesbar sind.

Um die dafür notwendige Komplexität und Inflexibilität zu erreichen wird viel Aufwand getrieben.

Leider geht dabei die Realität um das nackte IT-System herum vergessen: Regeln müssen sich ändern, aber wie? Was passiert bei Uneinigkeit, fehlerhaften oder unberechtigterweise veröffentlichten Daten? Oder falls die Betreiber irgendwann keine Lust mehr haben, den zur Sicherstellung der Eigenschaften notwendigen Aufwand in genügender Diversität zu betreiben?

Bei der Digitalisierung von Prozessen ist nicht ewige Unveränderbarkeit oder inhaltlicher Konsens wichtig, sondern Flexibilität zusammen mit Nachvollziehbarkeit und Verantwortungsübernahme. Dafür reichen meist Digitale Signaturen und Zeitstempel.

Auch Smart Contracts und NFTs sind nicht das, als was sie gemeinhin vermarktet werden. Insbesondere erfüllen sie nicht die Anforderungen an einen Vertrag nach geltendem Recht. Die Technologie trägt nichts zum erhofften Mehrwert für Künstler bei, nur der kurzfristige, unbegründete Hype.

Anders ist nicht besser

[Hinzugefügt 2023-03-15]

Bei vielen unserer realweltlichen Systeme können wir Probleme identifizieren: Das Finanzsystem, das politische System, die Machtverteilung, wie wir Verträge handhaben, wie wir Künstler entschädigen usw. usf. Ja, daran sollten wir etwas ändern.

Es ist einfach zu behaupten, dass ein technisches System auf einer völlig neuen Basis alle Probleme löse. Aber einfach nur etwas anders zu machen heisst nicht automatisch, dass es besser sei. Schon gar nicht in allen Fällen.

Wenn man das zeigen will, braucht man einen Überblick über die Vor- und Nachteile der alten und der neuen Lösungen. Und muss sich der eigentlichen Ziele und der „real-world“-Eigenschaften und -Herausforderungen annehmen.

Wenn die Ursache dahinter gesellschaftlicher Natur ist: Gesellschaftliche Probleme lassen sich nicht (alleine) durch Technologie lösen, so schön das auch wäre! Bei solchen Veränderungen müssen wir alle uns beteiligen. Und vielleicht ist Technologie dann ein Puzzlestück in der Lösung.

Ja, aber … Digitalisierung!

Vertrauenswürdige Digitalisierung geht auch ohne Blockchain. Den Unterschied zwischen schlechter und guter Digitalisierung liegt meiner Erfahrung nach in der Berücksichtigung folgender Punkte:

  1. Was ist das eigentliche Ziel des Prozesses? Das wirkliche Ziel, nicht das aktuelle Ziel oder ein untergeordnetes Ziel.
  2. Was passiert im Rahmen dieses Prozesses mit den Daten?
  3. Stehen alle Akteure hinter der Digitalisierung? Und werden sie auch selbst nutzen, nicht nur delegieren? Auch die oberste Führungsriege und die Sachbearbeiter:innen? („Buy-in“, „Eat your own dogfood“)
  4. Wie vereinfache ich diesen Prozess für alle möglichen Beteiligten, insbesondere die seltenen Nutzer (=die Kunden, die breite Bevölkerung)? („Reduce to the max„)
  5. Wie ermögliche ich trotzdem Flexibilität? („80/20-Regel„)
  6. Wie sorge ich dafür, dass die Prozesse zuverlässig und nachvollziehbar ablaufen?
  7. Wer kann Vorgaben/Automatismen übersteuern, Fehler korrigieren? Wer trägt die Verantwortung dafür? (Sonderfälle wird es immer geben)
  8. Wie führe ich die verschiedenen Nutzer:innen auf dem richtigen Niveau durch den Prozess? („User Experience“)
  9. Können die Nutzer:innen auch weiterfahren, wenn Ihnen gerade ein Schritt nicht klar ist, eine Antwort nicht parat ist?
  10. Beginne wenn möglich mit einem kleinen, spezialisierten Werkzeug, welches schon vielen Beteiligten einen selbsterklärenden Vorteil bietet. Baue erst danach das Riesenprojekt; aber auch das nur Schritt für Schritt. („Unix-Philosophie„)

Beispiel

Am Anfang der Pandemie war die Meldekette Fax-basiert. Hier ein Vorschlag, wie man die Prozesse hätte vereinfachen können und Informationen dezentral hätte erfassen können: Vereinfachung von Labortests

Titelbild

Druckerpresse; Holzschnitt von George Baxter (1829). Symbolisiert die Zusammenfassung der Essenz der längeren Artikel.

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